Neuseeland, ein kultureller Schmelztiegel
Über 400 Jahre lang prägten die Maori das Land, die von Polynesien nach Neuseeland gekommen waren (woher genau weiß erstaunlicherweise niemand). Sie verbreiteten eine Kultur, die der anderer polynesischer Gruppen zwar ähnelte, sich aber dennoch in gewissen Dingen von ihnen unterschied. Die Kunst, Musik und Tanzstil der Maori prägten den Beginn einer neuen Ära. Selbst neue religiöse Traditionen führten die Maori ein, denen zufolge die Welt von der Erdgöttin Papatūānuku, kurz “Papa”, und dem Himmelsgott Ranginui (“Rangi”) erschaffen wurde.
1642 dann die Wende: Als die ersten Europäer, angeführt von dem niederländischen Kapitän Abel Tasman, nach Neuseeland kamen, änderte sich die Dinge schlagartig. Noch heute zeugt der Abel-Tasman-Nationalpark, der ganz in der nähe ihrer Anlegestelle liegt, von der Ankunft der ersten europäischen Besucher.
Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts und 127 Jahre später haben sich Europäer nach Expeditionen von den Franzosen und Engländern in Neuseeland niedergelassen. Einige dieser Expeditionen wurden von niemand Geringerem als James Cook angeführt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer mehr Siedlungen, viele davon gleichermaßen von Europäern wie Maori bewohnt, auf den Inseln errichtet. Die erste dieser Siedlungen Kororareka (die heutige Stadt Russell), erfreute sich besonders bei feierwütigen Matrosen und Walfängern größter Beliebtheit. Nicht umsonst trug sie den Spitznamen “das Höllenloch des Pazifiks”. Das verruchte Image ist aber längst Geschichte. Heute ist die Stadt, umrahmt von zwei schönen Sandstränden, an denen sich die Wellen des Pazifiks brechen, ein friedlicher und gepflegter Ort.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern endete das Zusammentreffen von europäischen Siedlern und Einheimischen nicht wie so oft in Brutalität und Gewalt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam es zwar gelegentlich zu Konflikten zwischen den Maori und Europäern. Die Auseinandersetzungen dauerten allerdings nie länger als ein paar Jahre. Aus diesem Grund blickt Neuseeland auf eine vergleichsweise friedliche Geschichte zurück.
Im Jahre 1840 wurde der Vertrag von Waitangi unterzeichnet, ein Bündnis zwischen den Maori und den Europäern. Die Briten gewährten den Maori dieselben Rechte und Freiheiten wie sich selbst. Dazu gehörte auch das Recht, Land zu kaufen und verkaufen, genau wie das volle Besitzrecht über ihr Land, ihre Wälder und ihre Wasservorräte. Zugleich beschlossen die zwei Parteien, eine neue Nation zu gründen, die dem British Empire treu ergeben ist. Heute ist der Vertrag das Gründungsdokument Neuseelands, vergleichbar mit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten. (Eine entscheidende Unabhängigkeit vom britischen Reich konnte Neuseeland dennoch nicht vor dem Jahr 1907 erzielen.)